Foto: Renate Dobutowitsch

DIE  HEUSCHRECKE

Weiß oder schwarz, positiv oder negativ, dafür oder dagegen, Leben oder Tod. Das Foto lebt von diesem Farbkontrast, der unser Denken so furchtbar vereinfacht. Wir nennen es das „Schwarz-Weiß-Denken“. Die Grautöne und Übergänge, die vielen Relativierungen im Leben, werden dabei natürlich nicht berücksichtigt.

Und da ist die Heuschrecke, die ihre Fühler gerade nach rechts und nach links ausstreckt. Sie hat sich noch nicht entschieden wo sie weiterkrabbeln will. Bei ihr ist es wohl auch egal.

Aber bei uns nicht. Wir müssen uns immer wieder mal entscheiden. Und es ist natürlich nicht schlecht, wenn wir dabei einen Standpunkt einnehmen und eine Meinung vertreten. Die sollte aber eher von Toleranz und weniger vom Schwarz-Weiß-Denken geprägt sein. Jesus hat einmal etwas Verblüffendes gesagt, als einer in seinem Namen auftrat, ohne zu ihm zu gehören, also Etikettenschwindel betrieb. Jesus kommentierte die Sache mit den Worten: „Wer nicht gegen uns ist, ist für uns.“ Markus 9,40. Umgekehrt ist uns der Satz bekannter: „Wer nicht für uns ist, der ist gegen uns.“ Und dann wirkt er wie ein Aufruf zur Gewalt. Die Aussage Jesu atmet dagegen Toleranz. Und die ist ein Wert, der uns im Umgang mit den vielen Meinungen und Behauptungen unserer Zeit vielleicht doch weiter bringt als die Konfrontation.

Peter Dobutowitsch, Pastor i.R.

Peter Dobutowisch